Laptop und Lachs


Mark und Anna, beide um die fünfzig, versuchen, einen wichtigen Jahrestag ihrer Beziehung mit Anstand hinter sich zu bringen. Mark ist Elektroingenieur, Anna im kulturellen Bereich tätig. Gemeinsame Vergangenheit mit einigen Turbulenzen, unterschiedliche Wahrnehmung der Welt: Das Ehepaar gerät trotz guten Vorsätzen immer wieder in Streitgespräche, welche durch ihre Ritualisierung oder ihre Theatralik erheiternd wirken. Die Lage kompliziert sich dadurch, dass Annas Jugendfreund Ulrich, Bauernsohn, später als Physiker nach Amerika ausgewandert, nach Jahrzehnten wieder auftaucht. Die Zweierkiste wird zur Dreierkiste mit wechselnden Fronten, denn Ulrichs Geschäfte sind undurchsichtig. Und da ist auch noch Mamuschka, Annas allzu lebenslustige Mutter, welche die Tochter mit ihren eigenen Beziehungsproblemen in Atem hält.

Hinter den privaten Konflikten der Figuren aber steht die Frage, wohin unsere hochtechnisierte Zivilisation, unsere kommunikationsverrückte Gesellschaft treiben: «Das Wissen zersetzt alles. Nur noch Partikel … Wir hören die Melodie nicht mehr …»

Uraufführung im Kellertheater Winterthur: 2. März 2002

Mark Burkhard Jahn
Anna Renate Müller
Ulrich Hans Zwimpfer
Regie und Bühnenbild: Albert Michel Bosshard

Photo zum Stück

Photo zum Stück

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Burkhard Jahn (Mark) und Renate Müller (Anna) in Laptop und Lachs, Kellertheater Winterthur, 2002. (Photos: A.M. Bosshard)

Rezensionen

«Laptop und Lachs», das neue Stück von Irène Bourquin, zeigt eine Versuchsanlage. Es beginnt mit der Auslegeordnung der Verhältnisse. Die Gegensätze sind gross. Mit kleinen Tricks aber kann die Situation stabilisiert werden. Die Gefühle lassen sich regeln wie auf einem CD-Player – oder mit Hilfe von Psychoschrott-Ratgebern. Wenn aber das Unerwartete eintritt, bricht vieles auf diesem Experimentalfeld der Liebe wieder auf. [ … ]
«Laptop und Lachs» ist eine Komödie mit ganz besonderer Gravitation, sie zeigt, wie leicht Menschen voneinander angezogen werden können und wie sie sich nur schwer von ihren Träumen lösen wollen. Das Stück ist durchweht von einer Heiterkeit, die mit der traurigen Welt versöhnt. Auf kleinem Raum wird abgehandelt, was die Figuren nicht real bewegt: das geht vom Quantenschaum bis zum singenden Rapsfeld. Wirkliche Grösse zeigt «Laptop und Lachs» aber in der Hoffnung, dass Menschen, die sich auseinandergelebt haben, ihre Ziele doch noch gemeinsam erreichen können: im Status von Grosseltern.

Stefan Busz in: Der Landbote, 4. 3. 2002

Irène Bourquin tischt nicht einfach eine neue Dreiecksgeschichte auf, sondern bringt mit dem zweiten Mann eine undurchsichtige Figur ins Spiel, die in undurchsichtige Geschäfte verwickelt ist. Die Fronten wechseln immer wieder, und aus der Tragikomödie mit den ritualisierten Streitgesprächen wird ein spannendes Verwirrspiel über Mann und Frau. [ … ]
Hinter den persönlichen Konflikten der Figuren stets die Frage, wohin die grenzenlosen Kommunikationsmöglichkeiten unsere Zivilisation bringen sollen. Anna: «Das Wissen zersetzt alles. Wir hören die Melodie nicht mehr.» Doch bedrückend wirkt Irène Bourquins Stück deswegen nicht, wenn es auch durchaus kopflastig bleibt. Mit Wortwitz zieht die Autorin Spannungsbögen, und selbstironisch lässt sie die beiden Hauptfiguren Assoziationen zu ihren ersten Stücken bilden, «Klone, erhebt euch!» (1999) und «Tyrannosaurus rex» (2000).

Dieter Langhart in: Thurgauer Zeitung, 6. 3. 2002

So wandelt sich die vorerst recht konventionell anmutende Dreierkiste allmählich zu einem fast unheimlichen Spionage-Thriller – und das ist eigentlich das Mindeste, was man von Irène Bourquin erwartet. Denn mit ihrem utopischen Bühnenerstling «Klone, erhebt euch!» (1999) über das Zusammenleben von Mensch und Klon hatte sie einen wahren Coup gelandet, und in «Tyrannosaurus rex» (2000) ging es immerhin darum, wie eine beherzte Seniorin den Missständen in einem Spital zuleibe rückt.
Mit der Thematik um Lauschangriff und Werkspionage bringt die Autorin zwar auch hier zivilisationskritische Ansätze mit ins Spiel, und in eher beiläufig geführten Konversationen werden auch allerlei Aspekte der zunehmenden Kluft zwischen hoch entwickelter Technologie und emotionaler Intelligenz angetippt, von denen die letztere offenbar immer mehr ins Hintertreffen gerät. Doch geschieht dies alles eher am Rande, während die von Albert Michel Bosshard witzig und lebendig inszenierte Ehekomödie mitsamt den Windeln der Enkelin Sarah, dem zweckentfremdeten Lachs und der mannstollen Grossmutter Mamuschka im Vordergrund steht.

Sonja Augustin in: Der Bund, 6. 3. 2002